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Innenwärmedämmung
- Prinzip mit Fragezeichen
Wärmetechnische
Gebäudesanierungen werden in der Mehrzahl der Fälle mit einer Aussenwärmedämmung
durchgeführt. Warum? Gibt es bei der Wahl zwischen Innen- und Aussenwärmedämmung
handfeste Argumente gegen die Innen- und für die Aussendämmung?
Geht man von der Hauptaufgabe der Wärmedämmung aus,
nämlich den Abfluss von Wärme einzuschränken, dann ist es egal, ob die Wärmedämmschicht
auf der Innen- oder Aussenseite einer Fassadenkonstruktion liegt. Die Wärmedämmung
ergibt sich aus der Summe der Wärmedurchgangswiderstände der einzelnen
Schichten einer Aussenwand. Die Reihenfolge spielt keine Rolle.
Theoretisch
gleichwertig.
Angenommen, ein Altbau mit einer aussen und innen verputzten 30 cm dicken
Backsteinfassadenkonstruktion soll wärmetechnisch verbessert werden. Dabei soll
der bestehende k-Wert der Wände von 1,2 W/m2K auf 0,5W/m2K verändert werden.
Dies ist theoretisch möglich, wenn innen oder aussen eine Wärmedämmung aus 50
mm dicken Wärmedämmplatten z.B. aus Polystyrol aufgebracht wird. Soweit
herrscht Gleichwertigkeit. Betrachtet man jedoch weitere Faktoren, dann
verlagert sich die Gunst auf die Seite der Aussenwärmedämmung.
Praktische
Vorteile der Aussenwärmedämmung.
Mit der Aussenwärmedämmung kann beispielsweise eine ohnehin fällige
Aussenputzsanierung erledigt werden. Die wärmetechnischen Schwachstellen des
Gebäudes, wie auskragende Balkone, Fenstergewände, betonierter Sockelbereich
usw. werden verbessert. Das Gebäude kühlt bei gedrosselter Heizung in der
Nacht langsamer aus, weil die Gebäudemasse als Wärmespeicher wärmedämmend
eingepackt ist. Die Tragkonstruktion unterliegt geringeren
Temperaturschwankungen, so dass weniger Zwängungen und Risse entstehen, und die
Wohnungen werden im Gegensatz zur Innendämmung nicht verkleinert.
Bei der Innenwärmedämmung stellt sich ein
geometrisches Problem. Im Gebäudeinnern schliessen die
Geschossecken und die Innenwände gegen die Fassadenwand. Bei diesen
Anschlussflächen muss die Innendämmung unterbrochen werden. Die flächendeckende
Wärmedämmung, wie sie bei der Aussenwärmedämmung möglich ist, ist bei der
Innenwärmedämmung grundsätzlich ausgeschlossen. Oft kann deshalb ein Teil der
Schwachstellen eines Gebäudes mit der Innenwärmedämmung nicht verbessert
werden, z.T. ist sogar mit einer Verschlechterung zu rechnen.
Dampfsperre
ja oder nein?
Bei der Innenwärmedämmung stellt sich die Frage ob eine Dampfsperre notwendig
ist oder nicht. Hierzu ist anzumerken, dass es sich bei bauphysikalischen
Berechnungen oft eine Dampfsperre braucht, dass aber die Praxis zeigt, dass es
ausgenommen bei ausgesprochenen Feuchträumen oder bei klimatisierten Gebäuden,
in der Regel ohne Dampfsperre geht. Der Grund liegt vor allem darin, dass es
neben dem Feuchtetransport in die Konstruktion via Dampfdruckgefälle
verschiedene Mechanismen, teils kapillar, teils diffusionsbedingt gibt, welche
eine Feuchterückführung in den Raum bewirken, was in der vereinfachenden
Berechnung nicht erfasst wird. Ein Sonderfall besteht, wenn zwischen der Innendämmung
und der Aussenwand Luftkammern vorhanden sind.
Wenn das Gebäude Holzbalkendecken hat, kann ein
Problem der Innenwärmedämmung darin bestehen, dass die Balkenköpfe beim
Auflager auf den Aussenwänden fäulnisgefährdet werden. Besondere Gefahr
besteht, wenn Luft aus dem Gebäudeinnern die Balkenköpfe umfliessen kann.
Anderseits kann das Holz vermodern, wenn die Balkenauflager mit Folien aus
Kunststoff oder Metall zu dicht verschlossen werden. Eine Möglichkeit besteht
darin, die Hohlräume um die Balkenköpfe mit Holzwollespänen auszustopfen, ein
Material, das früher
beim Verpacken empfindlicher Waren üblich war. Diese
Späne haben eine doppelte Wirkung. Sie verhindern eine Luftzirkulation, ohne
die Luftzufuhr an die Balkenköpfe ganz zu unterbrechen, und sie binden dank
ihrer grossen Oberfläche allfälliges Kondensat, bevor es an die Balkenoberfläche
gelangt, ein Prinzip, das auch bei modernen Babywindeln und Sportbekleidungen
angewandt wird, wo die Kontaktfläche zur Haut trocken gehalten werden soll.
Raumseitig können dann die ausgestopften Hohlräume mit einem möglichst
kapillarporösen Kalkputz verschlossen werden.
In der Wirkung ähnlich ist das
Ausstopfen mit Zeitungspapier oder Papierschnitzeln anstelle der Holzspäne.
Wenn im Mauerwerk von Aussenwänden Wasserleitungen oder Heizleitungen geführt
werden, ist Vorsicht angezeigt. Das Mauerwerk wird durch eine Innenwärmedämmung
im Winter kälter, und das Risiko für das Einfrieren von Leitungen wird erhöht.
Die aufgezählten Faktoren zeigen, dass es bei genauer Betrachtung handfeste
Argumente für eine Aussenwärmedämmung und gegen eine Innenwärmedämmung
gibt. Es ist logisch und richtig, dass ganzheitliche Gebäudesanierungen
normalerweise mit Aussenwärmedämmungen ausgeführt werden.
Vorsichtige
Planung zwingend.
Die Innenwärmedämmung ist dort angebracht, wo beispielsweise eine Aussenwärmedämmung
nicht möglich ist. Wenn sich Bauherr und Architekt auf eine Sichtbetonfassade
geeinigt haben, dann ist in der Regel eine Innendämmung vorprogrammiert, es sei
denn, man gehe zum Prinzip der Zweischaligen Wandkonstruktion über. Wenn die
Fassade eines Gebäudes unter Denkmalschutz steht, dann kann die Wärmedämmung
meistens nur mit einer Innendämmung verbessert werden. Die Sache muss jedoch
gut überlegt sein, und nicht alles, was technisch machbar erscheint, ist
sinnvoll, denn die Innendämmung stellt bei historischen Gebäuden einen
erheblichen Eingriff dar. Der Kontakt der Aussenwand zur Innenluft wird
unterbrochen. Als Folge kann das über Jahrzehnte aufgebaute Temperatur- und
Feuchtegleichgewicht in der Aussenwand verändert und das Risiko für Risse in
der Fassade erhöht werden. In Bezug auf die Erhaltung des Feuchtegleichgewichts
scheinen Vorteile bei den kapillaraktiven Wärmedämmstoffen wie Kork,
Holzwolleleichtbauplatten (ohne Polystyrolkern), Bimsplatten, evtl.
Gasbetonplatten zu liegen gegenüber den kapillaraktiven Wärmedämmstoffen wie
Mineralfaserplatten, Schaumstoffplatten oder Schaumglasplatten.
„Gutmütige“ Holzverkleidung.
Besondere
Probleme bestehen, wenn zwischen der Innendämmung und der Aussenwand ein
Luftspalt oder einzelne Luftkammern vorhanden sind. In diesen Fällen ist eine
Dampfsperre in der Regel notwendig, es sei denn, als Material für die Innendämmung
wird eine Holzverkleidung gewählt. Holz kann aus der Luft sehr rasch grosse
Mengen Feuchtigkeit aufnehmen (Sorption). In den abgeschlossenen Luftkammern
zwischen Holzverkleidung und Aussenwand ist die relative Luftfeuchtigkeit
wesentlich höher als im Raum. Holz kann deshalb
aus diesen Luftkammern Feuchtigkeit „aufsaugen“. Dadurch entsteht im
Holzquerschnitt ein Feuchtigkeitsgefälle, welches einen Feuchterücktransport
in den Raum auslöst, so dass die Luftkammern entfeuchtet werden.
Dieses vereinfachende Modell kann erklären, warum alte Bauten mit innerer
Holzverkleidung bauphysikalisch so „gutmütig“ reagieren. Ganz nebenbei ist
interessant, dass mit dem Feuchterücktransport auch Wärme in den Raum zurückgeführt
wird, und dass eine zu trockene Raumluft im Winter (Luftbefeuchter) verhindert
wird.
Die
Innenwärmedämmung ist auch angebracht, wenn Aussenwände, hinter denen sich
Erdreich befindet, wärmetechnisch verbessert werden sollten, oder wenn in einem
Gebäude der eine oder andere Raum schlecht beheizt werden kann. Hingegen werden
die Erfolgsaussichten bei der Sanierung von Feuchteschäden, insbesondere von
Schimmelpilzen auf Tapeten oft überschätzt. Kalte Wände werden durch
sogenannte „Isoliertapeten“ mit etwa 5 mm Polystyrolrücken lediglich um
etwa 1° C wärmer (das Handauflegen täuscht). Dies genügt in vielen Fällen
allein nicht, um das Wiederauftreten von Schimmelpilzen zu verhindern. Bild 1
zeigt ein entsprechendes Beispiel. Ein Erfolg ist jedoch möglich, wenn die
Bewohner zusätzlich disziplinierter lüften und wenn die Wandoberflächen an
den kritischen stellen mit einem Fungizid vorbehandelt werden.
Abkühlung durch Wärmedämmung.
Wer eine Innenwärmedämmung anbringt, muss wissen, dass die Wand hinter der Wärmedämmung
kälter wird. Das leuchtet ein. Die wenigsten wissen, dass die Konstruktionen
auch an den Enden der Wärmedämmung kälter werden.
In
Bild 2 wurde auf der Innenseite einer verputzten Backsteinaussenwand eine 600 x
600 mm grosse Wärmedämmplatte aufgeklebt. Drei Stunden nach der Montage wurde
der so präparierte Wandausschnitt mit der Infrarotkamera aufgenommen, vgl. Bild
3. Die Innentemperatur betrug etwa 20° C und die Aussentemperatur etwa 2° C.
Das Infrarotbild machte das hinter dem Innenverputz verdeckte Backsteinmauerwerk
wieder sichtbar. Der Grund lag darin, dass der Verputz über den Mauerwerksfugen
etwa 0,5° C kälter war als über den Backsteinen. In Bild 3 ist ausserdem
erkennbar, dass sich an den Rändern der Wärmedämmplatte ein blauer Rahmen auf
der Wandoberfläche gebildet hat. Dies ist die Folge der eingangs erwähnten Abkühlung.
Die Temperaturskala am rechten Bildrand gibt die Temperatur des blauen Rahmens
mit 16,5° C an. Die grünen Mauerwerkesfugen sind 17,0° C warm, und die Oberflächentemperatur
der Wärmedämmplatte wird mit 19,2° C angezeigt.
Die Infrarotaufnahme in Bild 4 zeigt die gleiche Stelle wie Bild 3, jedoch nach
Entfernen der Wärmedämmplatte. Hinter der Dämmplatte hat sich ein blaues „Kälteloch“
mit einer Oberflächentemperatur von 15,4° C gebildet. Weil die Wärmedämmplatte
den Wärmenachschub in diesem Kälteloch unterbindet, wird vom Wärmestrom das
angrenzende Mauerwerk „angezapft“, welches deshalb abkühlt.
Die Konsequenz dieser physikalischen Gesetzmässigkeit kann unangenehm sein. Wer
auf eine Aussenwand eine Innenwärmedämmung anbringt, macht dadurch die
angrenzenden Bauteile wie Decke, Boden, Innenwände kälter. Hier kann sich beim
Anschluss der Innendämmung ein Schimmelpilzstreifen ausbilden.
Fensterleibungen
heikel.
Besonders
kritisch ist in dieser Beziehung die Fensterleibung. Wenn die Innenwärmedämmung
nicht in die Fensterleibung hineingezogen wird, wird diese kälter, und es
entsteht ein Risiko für Schimmelpilze, vgl. Bild 5. In Bild 5 wurde in einem
Kinderzimmer eine wärmetechnische Sanierung vorgenommen. Das Zimmer lag ungünstig
in einer Gebäudeecke, hatte also zwei Aussenwände. Diese bestanden aus einem
30 cm dicken Backsteinmauerwerk. Eine fest installierte Heizung fehlte. An
kalten Tagen, wenn die Temperatur im Kinderzimmer unter etwa 15° C absank,
wurde mit einem mobilen Elektroofen geheizt. Kurzum, das Kinderzimmer hatte alle
Voraussetzungen für Schimmelpilzkulturen, die auf den Tapeten der Aussenwände
auch prächtig wachsen konnten. Alle übrigen Räume hatten eine Heizung und
waren frei von Feuchteschäden.
In
dieser Situation fasste der Hauseigentümer den im Grundsatz richtigen
Entschluss, das Kinderzimmer mit einer Innenwärmedämmung zu sanieren. Dazu
wurden Verbundplatten aus 30 mm Polystyrol und 25 mm Gips verwendet. Da man der
Tragfähigkeit des durch die Feuchtigkeit teilweise brüchigen Innenputzes nicht
traute, wurden diese Verbundplatten nicht aufgeklebt, sondern mit 90 mm langen
Metallschrauben fixiert, vgl. Bild 6. Der Sanierungserfolg war zweifelhaft. Jede
Metallschraube zeichnete sich später dunkel ab, etwa in der Grösse einer Fünffranken-Münze.
Zwar traten auf den Aussenwandtapeten nach der Sanierung keine Schimmelpilze
auf, dafür neu aber an den früher schadenfreien Fensterleibungen, vgl. Bild 5.
Bild 5 zeigt auch auf der Wandfläche rechts vom Fenster die dunklen Flecken über
den Befestigungsschrauben. Die Analyse ergab, dass diese Flecken nicht von
Schimmelpilzen, sondern von Staubablagerungen verursacht wurden.
Die Überprüfung der Fensterleibungen zeigte, dass die Innendämmung dort
fehlte. Hätte man die Innendämmung in die Fensterleibungen hineingezogen, dann
hätte man die Fenster nicht mehr richtig öffnen können. Hinzu kam, dass es an
den Fensterleibungen vor der Sanierung keine Probleme gab, so dass sich eine wärmetechnische
Verbesserung nicht aufdrängte. Der in Bild 3 dargestellte Effekt, dass die Wand
(in diesem Fall die Fensterleibung) am Ende der Innenwärmedämmung kälter
wird, trat jedoch nach der Sanierung in Aktion und provozierte das Pilzwachstum.
Eine orientierende, bauphysikalische Berechnung der EMPA bestätigte diesen
Schadenmechanismus. Diese wurde für eine Innentemperatur von +20° C und eine
Aussentemperatur von -10° C durchgeführt und ergab die folgenden Resultate:
In der Wandfläche wurde die Oberflächentemperatur durch die Sanierung um etwa
3° C erhöht. In den Fensterleibungen wurde die Oberflächentemperatur um rund
1,5° C reduziert. Bei den Befestigungsschrauben war die Oberflächentemperatur
um rund 1,5° C tiefer als auf der übrigen Wandfläche.
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